Jeder kennt sie: Kolleginnen und Kollegen, die mit ihrem Verhalten oft völlig unbeabsichtigt die Zusammenarbeit erschweren, Teamsitzungen lahmlegen oder Workflows blockieren. Wir erleben im Berufsalltag viele Individualisten und schwierige Mitarbeitende, die mit ihren Macken und Eigenheiten besonders auffallen. Sie machen das Kollegium erst bunt … und gerne auch mal schwierig.
Dabei ist keine Mitarbeiter per se schwierig. Er steht sich – aus dem Blickwinkel der Führungskraft betrachtet – mit manchen Eigenschaften selbst im Weg. Das beeinträchtigt das Betriebsklima und die Arbeitsergebnisse. Führungskräfte sollten unerwünschte Verhaltensweisen nicht tatenlos hinnehmen, sondern mit teils sensiblem, teils nachdrücklichem Eingreifen auf ein akzeptables Leistungs- und Sozialverhalten hinwirken.
Erfolgsautor Hans-Jürgen Kratz beschreibt in Mensch Mitarbeiter! typische „Problemfälle“: von A wie Arbeitsverweigerer über F wie Frustrierte, N wie Nichtdelegierer oder P wie Planloser bis hin zu W wie Workaholics.
In den nächsten Tagen stellen wir einige Beispiele aus der bunten Welt der schwieriger Mitarbeitenden vor. Los geht es mit den Klugscheißern.
Schwierige Mitarbeitende 1 – Besserwisser, Neunmalkluger & Oberschlauer
Manche Menschen müssen überall ihren Senf dazugeben und immer das letzte Wort haben. Ihnen ist es überaus wichtig, anderen Menschen beweisen zu müssen, wie toll und klug sie sind. Sie fühlen sich verpflichtet, ihre Umgebung bei jeder Gelegenheit zu korrigieren und ihren Mitmenschen haargenau zu erklären, wie der Kosmos funktioniert. Bedauerlicherweise verfügt der Besserwisser zumeist über vielseitige Kenntnisse in bestimmten Wissensgebieten, mit denen er bei jeder sich bietenden Gelegenheit glänzen möchte. Um Aufmerksamkeit, Anerkennung und Bewunderung zu bekommen, wird er zu einem notorischen Rechthaber.
Ohne auf die Gefühle und Bedürfnisse von Kollegen einzugehen, will der Besserwisser den Mitmenschen seine Meinung aufdrücken. Grundsätzlich sind Unterstützung und gutes Teamwork unter Kollegen willkommen. Allerdings wird die Art und Weise, wie der Besserwisser sein Know-how einbringt, nicht geschätzt. Kollegen reagieren genervt, wenn sich ein Besserwisser ständig mit unerbetenen Ratschlägen einmischt.
Dem Besserwisser ist nicht bewusst, dass er mit seiner Profilneurose genau das Gegenteil von der erhofften Aufmerksamkeit und Anerkennung erreicht. Mit seinem Verhalten verbaut er sich seine Einwirkungsmöglichkeiten sowie sein berufliches Fortkommen. Letztlich wird er von seinen Mitmenschen wegen seines oft überheblichen, herablassenden und als arrogant empfundenen Auftretens verstärkt geschnitten, selbst wenn dadurch sein Know-how verlorengeht.
Reaktion der Führungskraft
Nutzen Sie die vorhandene fachliche Kompetenz des Besserwissers, indem Sie ihm besonders knifflige Aufgaben übertragen. Nach erfolgreicher Aufgabenerledigung geizen Sie nicht mit verdienter Anerkennung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Indem Sie seine Leistungen und sein Wissen positiv bewerten, wird sein Selbstvertrauen gesteigert. Die erhaltenen wohlverdienten Streicheleinheiten sollten genügen, dass er sich nicht mehr ständig als Besserwisser beweisen muss.
Schwierige Mitarbeitende 2 – Choleriker
Auf einen Choleriker treffen Eigenschaften wie unbeherrscht, rücksichtslos, unduldsam, streitsüchtig und jähzornig zu. Ein falsches Wort, ein geringfügiger Fehler oder ein schiefer Blick genügen, dass der Choleriker in einer unangenehmen Art und Weise aus der Haut fährt und durch die Decke geht. Er braust schnell auf, kann sich bis zu Brüll- und Schreiattacken steigern, die mit Tobsuchtsanfällen vergleichbar sind, und wirft bisweilen sogar mit Akten oder sonstigen Gegenständen um sich. Er verfügt über eine geringe Frustrationstoleranz und eine für Dritte oft nicht nachvollziehbare Erregbarkeit. Nach einem Wutausbruch, bei dem die Wände wackeln und auch Beleidigungen an der Tagesordnung sein können, kann sich der Wüterich genauso schnell wieder abkühlen und zur Tagesordnung übergehen, während die entsetzten Kollegen das gerade Erlebte noch verschreckt verarbeiten.
Es ist nicht überraschend, wenn der zur Ruhe gekommene Choleriker sich anschließend mit ausgesuchter Freundlichkeit um Wiedergutmachung bemüht. Für die betriebliche Umwelt gestaltet sich die Zusammenarbeit mit ihm als besonders schwierig und kann zu einer schwer zu ertragenden, bei häufigen Wiederholungen unzumutbaren Belastung werden.
Reaktion der Führungskraft
Wenn möglich, sollten Sie einen Choleriker weder mit einem sensiblen noch mit einem leicht erregbaren Kollegen auf engem Raum zusammenarbeiten lassen. Als Zimmergenosse bietet sich besser ein robuster und in sich ruhender Mitarbeiter an.
Zum generellen Umgang mit Cholerikern empfiehlt es sich, nicht eine Konfrontation zu suchen, sondern ruhig und positiv auf ihn einzuwirken.
Keinesfalls nehmen Sie die Launen des Cholerikers persönlich. Lässt er seine Frustrationen an Ihnen ab, liegt es daran, dass Sie zufällig gerade anwesend sind. In keinem Fall lassen Sie sich dazu hinreißen, selbst laut zu werden. Bevor Sie in erregtem Zustand unbedacht reagieren, lassen Sie besser den Choleriker stehen und verlassen den Raum („Entschuldigung, das ist mir zu viel“), auch dann, wenn es Ihr eigenes Büro ist.
Besonders effektiv ist es, positiv auf den Choleriker einzugehen.
Schwierige Mitarbeitende 3 – Frustrierter & Gekündigter
Jeder Mensch möchte seine Bedürfnisse erfüllt sehen. Die Bemühungen des Mitarbeiters um Bedürfnisbefriedigung erweisen sich nicht immer als erfolgreich, sondern hin und wieder als vergeblich. Die daraus resultierende „Frustration“ können wir als Behinderung eines Menschen definieren, ein Ziel zu erreichen oder ihm näher zu kommen. Eine erste Frustration wird bei durchschnittlich selbstsicheren Mitarbeitern eher zur Leistungsverstärkung nach dem Motto „Jetzt erst recht“ führen. Wird jedoch die individuell unterschiedliche Frustrationstoleranz überschritten, setzen als Reaktionen spannungsmindernde und nichtrationale Verhaltensweisen, sogenannte Abwehrmechanismen beim Mitarbeiter ein:
- Direkte Aggression: Noch vorhandene Energien richten sich gegen den, der die Frustration ausgelöst hat.
- Verschobene Aggression: Die Frustration wird an Unbeteiligten abreagiert.
- Organisierte Aggression: Aggressive Verhaltensweisen richten sich geplant oder informell gegen etwas oder jemandem.
- Kompensation: Im Beruf versagte Selbstbestätigung/Erfolgserlebnisse werden an einem anderen Ort gesucht (z. B. Vereinsarbeit, Freiwillige Feuerwehr, Sportplatz). Statt des eigentlichen Ziels versucht der Frustrierte ein Ersatzziel zu verwirklichen.
- Restriktion: Der Mitarbeiter zeigt eine früheren Entwicklungsphasen zuzuordnende Verhaltensweise.
- Konversion: Mitarbeiter reagieren pessimistisch, launisch, leidend, nörgelnd.
- Rationalisierung: Der Mitarbeiter führt Scheinargumente ins Feld, um einen Misserfolg sich selbst und anderen gegenüber zu entschuldigen und als unbedeutend darzustellen.
Reaktion der Führungskraft
Bemerken Sie bei einem Mitarbeiter derartige Abwehrmechanismen, versuchen Sie, die Ursache der Frustration am besten im Rahmen eines vertrauensvollen Gesprächs zu ermitteln. Sorgen Sie – soweit es in Ihrer Macht steht – für eine Verbesserung der Situation. Statt leerer oder falscher Versprechungen praktizieren Sie einen Grundsatz: Sie versprechen nichts, was Sie nicht durch eigenes Zutun auch halten können!
Im Falle eines Gekündigten bemühen Sie sich, ihn zu akzeptablen Leistungen zu animieren, bevor dieser auf stur schaltet, bis zum letzten Arbeitstag nur noch die Zeit absitzt, das Betriebsklima vergiftet oder sich krankschreiben lässt. Der Wink mit dem Arbeitszeugnis kann Wunder wirken, denn jeder Arbeitnehmer weiß, dass die Arbeitsplatzsuche mit einem schlechten Arbeitszeugnis schwierig wird.
Schwierige Mitarbeitende 4 – Planloser
Planlos agierenden Mitarbeitern sollte grundsätzlich keine unzureichende Arbeitsmoral unterstellt werden. Zumeist sind sie in ihrem blinden Aktionismus durchgehend beschäftigt, setzen dabei aber keine Prioritäten und verzetteln sich, sodass die gewünschten Ergebnisse ausbleiben. Sie beginnen hundert Dinge und bringen nur selten etwas zu Ende.
Weil Sie wissen, dass ein guter Plan nach dem Volksmund bereits die halbe Miete ausmacht, haben Sie eine andere Sicht und wollen strukturiert und erfolgreich arbeiten und Ihren Arbeitseinsatz sinnvoll planen. Natürlich bringt jede Planung eine Einschränkung von Freiheit und Spontaneität mit sich. Dieses Manko wird jedoch aufgehoben, denn bei rechtzeitiger und effektiver Planung sind wesentlich bessere Ergebnisse zu erzielen.
Angestrebte Ziele sollten auf dem kürzesten Weg bei geringstmöglichem Aufwand erreicht werden. Eine gründliche Planung hilft, Umwege und Sackgassen zu vermeiden. Wer nicht plant, der wird schnell von außen (z. B. Umstände, Kollegen) verplant.
Reaktion der Führungskraft
Zumeist fehlt dem Planlosen das erforderliche Know-how für die Verbesserung seines Arbeitsverhaltens. Sie initiieren die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme, um das Defizit auszugleichen. Ersatzweise können Sie den Mitarbeiter bei seinem Zeitmanagement coachen.
Für das tägliche Aufgabenmanagement stellt die ALPEN-Methode ein effektives Planungsinstrument dar. Mit ihrer Hilfe wird der Arbeitstag strukturiert:
Aufgaben, Aktivitäten und Termine zusammenstellen
Länge der Aktivitäten schätzen
Pufferzeiten für Unvorhergesehenes reservieren
Entscheidungen über Prioritäten (Grundsatz: Wichtigkeit vor Dringlichkeit), Kürzungen und Delegationsmöglichkeiten treffen
Nachkontrolle: Unerledigtes in den Tagesplan des nächsten Arbeitstags übertragen
Bei größeren Vorhaben fordern Sie den bisher planlos vorgehenden Mitarbeiter auf, eine schriftliche Planung aufzustellen und Ihnen vorzulegen.
Da Sie als Vorgesetzter für den Arbeitgeber das Weisungsrecht wahrnehmen, können Sie den Zeitpunkt und die Reihenfolge der Aufgabenerledigung sowie die Art und Weise der Erledigung vorgeben. Bei Zuwiderhandlungen sind Sie berechtigt, Sanktionen zu ergreifen.
Schwierige Mitarbeitende 5 – Intrigant und Giftschlange
Ein Intrigant arbeitet hinterlistig und erfindungsreich mit vorsätzlich falschen Andeutungen oder Beschuldigungen, um dem Ruf eines Kollegen zu schaden und Vorteile für sich selbst herauszuschlagen. Selbst wenn seine Hinweise eine geringe Glaubwürdigkeit aufweisen, bleibt bei vielen Informationsempfängern doch irgendetwas hängen. Verfügt der Intrigant über keine ausgeprägten Stärken, nutzt er die Schwächen anderer Menschen für sich. Mit eindeutig zweideutigen Anspielungen lässt er manches im Ungewissen und weckt damit Zweifel bei Dritten. Er fahndet nach Achillesfersen seiner Kollegen, schnüffelt dabei auch gerne in deren Unterlagen und streut Gerüchte. Ihm kommt es vorrangig darauf an, den eigenen Aufstieg zu beschleunigen und sich selbst in ein gutes Licht zu rücken.
Reaktion der Führungskraft
Erkennen Sie in Ihrem Bereich intrigante Machenschaften, bei denen ein Mitarbeiter die Konfrontation mit dem Intriganten nicht wagt, beobachten Sie die Situation nicht tatenlos. Zeigen Sie im Rahmen einer Mitarbeiterbesprechung unmissverständlich auf, dass es sich in Ihrem Zuständigkeitsbereich für niemanden lohnt, zu intrigieren.
Haben Sie einen Intriganten aufgrund festgestellter Fakten (Daten, Zeugen, Nebenumstände) ausfindig gemacht, führen Sie mit ihm ein Gespräch unter vier Augen und verdeutlichen ihm, dass er mit seinem hinterhältigen Verhalten gegen moralische Grundsätze verstößt und das Prinzip der kollegialen Zusammenarbeit missachtet.
Mensch Mitarbeiter!
Der richtige Umfang mit Besserwissern, Frustrierten, Perfektionisten, Querulanten, Mobbern und Co.
ISBN 978-3-96186-059-3
Monat der Mitarbeitenden
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