25. Juni 2018 | Jobsuche

Das Telefoninterview – was gilt es zu berücksichtigen?

Vor wenigen Jahren undenkbar – nun fast Standard. Das Telefoninterview! Bewerber beklagen sich häufig: „Da kann ich nicht zeigen, wer ich bin“ oder „Wenn die mich kennenlernen wollen, sollen sie mich doch einladen“. Natürlich können wir lamentieren, aber wenn der Arbeitgeber es so wünscht, müssen wir uns damit auseinandersetzen.

Ein Telefoninterview hat auch Vorteile..

Aber die Vorgehensweise hat auch Vorteile. Wer von Hamburg nach München eingeladen wird, benötigt zumindest einen Tag Urlaub. Vielleicht ist dort bereits nach 10 Minuten offensichtlich, dass es überhaupt nicht passt. Dann gilt es nur noch, die Rückfahrt anzutreten. Natürlich ist es nett, auf Kosten des Unternehmens (das die Fahrtkosten übernimmt) die bayerische Hauptstadt kennenzulernen. Es bleibt aber oft das Gefühl, dass viel Energie für ein mageres Ergebnis investiert wurde.

Vor allem wenn sich diese Erfahrung zwei- oder dreimal wiederholt, taucht die Frage nach Alternativen auf. Für einen Arbeitgeber gibt es immer „Kann-„ und „Muss-Kriterien“. So kann es zwingend erforderlich sein, dass der Kandidat SAP beherrscht. Es ist auch möglich, dass sich die Gehaltsvorstellungen derart weit auseinanderbewegen, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei aller Sympathie einfach nicht zueinander finden werden. In solchen Fällen hat eine vorherige Klärung am Telefon mithilfe eines Telefoninterviews klare Vorteile.

Nachteile von Telefoninterviews

Ebenso ist es richtig, dass ein Telefonat Einschränkungen mit sich bringt. Auf den Psychologen Albert Mehrabian geht die Feststellung zurück, dass unsere Kommunikation zu 55 Prozent über die Körpersprache erfolgt, zu 38 Prozent über die Intonation und lediglich zu 7 Prozent über den Inhalt. Am Telefon fällt demnach mehr als die Hälfte der „normalen“ Kommunikation weg. Vor allem impulsive Persönlichkeiten, weniger die Zurückhaltenden, fühlen sich von dieser Tatsache sehr beschränkt.

Worauf gilt es also zu achten?

  • Da Sie Ihren Gesprächspartner nicht sehen können, wissen Sie auch nicht, wann Sie ihn inhaltlich verlieren. In so einem Moment macht weiterreden wenig Sinn. Entweder unterbricht Ihr Gesprächspartner Sie oder Sie kürzen Ihre Ausführungen ab, legen eine Pause ein und fragen bewusst nach, ob alles verständlich war.
  • Selbstverständlich sollte die Technik kein Störfaktor sein. Das fängt damit an, dass Ihr Handy aufgeladen ist und Sie guten Empfang haben.
  • Apropos Störfaktoren, ein Arbeitskollege kann Sie im leeren Konferenzraum überraschen oder Sie haben zu Hause im Homeoffice nicht an die Straßenarbeiten (Presslufthammer) gedacht. Vielleicht haben Sie vergessen, Ihre Familie zu informieren, und Ihre Kinder spielen „fangen“ vor Ihrer Zimmertür. Treffen Sie also sorgfältig Vorkehrungen für ein ungestörtes Telefonat.

Videokonferenz

Wenn der potenzielle Arbeitgeber vorschlägt, das Interview nicht per Telefon, sondern als Videokonferenz (Skype, FaceTime, WhatsApp, ZOOM) durchzuführen, gibt es wiederum andere Tücken:

  • Nun könnte sichtbar werden, dass Sie Ihr Homeoffice nicht aufgeräumt haben. Sie sollten also unbedingt im Vorfeld prüfen, was Ihr Gesprächspartner im Hintergrund sieht.
  • Auch sollten Sie wissen, wie Sie Ihr potenzieller künftiger Arbeitgeber optisch wahrnimmt. In welchem Winkel müssen Sie sich platzieren, damit die Kamera Sie wunschgemäß einfängt und Proportionen nicht verzerrt erscheinen. Da es keine zweite Chance für einen ersten Eindruck gibt, kann es beispielsweise sinnvoll sein, den Laptop auf zwei Kartons auf Augenhöhe aufzustellen.
  • Auch hier ist es essenziell, die Technik im Vorfeld in jeder Hinsicht zu überprüfen. Wie viele Videokonferenzen fangen mit der (nicht verstandenen) Bemerkung an: „Ich kann Sie nicht hören.“ Dann werden hektisch Einstellungen überprüft, Mikrofone ein- und ausgeschaltet, bis manchmal verzweifelt nach dem Mobiltelefon gegriffen wird, das dann neben den Bildschirm gelegt wird, um eine Verständigung zu ermöglichen. Kein guter Anfang!

Testgespräch aufzeichnen

Sie haben die Möglichkeit, ein Skype-Interview nicht nur probeweise mit einer Testperson durchzuführen, sondern auch Ihren Einsatz aufzuzeichnen. Im persönlichen Bewerbungsgespräch haben Sie meist etwa 10 Minuten, um sich optimal darzustellen. Am Telefon oder in einer Video-Konferenz sollten Sie die Zeit radikal auf maximal 2 Minuten reduzieren. Wie gut Sie Inhalte in dieser Kürze transportieren vermögen, können Sie sich anschauen, wenn Sie ein Video aufnehmen und es anschließend analysieren.


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Über den Autor

 Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven, Experte in Sachen Bewerbung, gibt Einsteigern, erfahrenen Arbeitnehmern und Quereinsteigern Tipps zum richtigen Verhalten im Bewerbungsgespräch, zum verdeckten Arbeitsmarkt und vielen weiteren spannenden Fragen rund um Bewerbung und Karriere. Als SZ-Jobcoach schreibt er regelmäßig für die Süddeutsche Zeitung.

Jeden Monat zeigt er innovative und teils kuriose Ansichten und Herangehensweisen an Probleme, die garantiert jeder Bewerber in seinem Leben einmal erlebt hat – vom Bewerbungsprozess bis hin zum heiß ersehnten Gespräch, vom Berufseinstieg bis zum beruflichen Neuanfang.

Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven blickt auf eine internationale Karriere als Geschäftsführer mehrerer mittelständischer Unternehmen und Konzerne (u.a. Yves Rocher und Gillette) zurück. Der Karriere-Coach hält als Gastdozent am MCI Management Center Innsbruck Vorträge zum Thema Job-Hunting, verfasst Beiträge für das Magazin FOCUS und ist Kolumnist bei der Süddeutschen Zeitung.