… wären da nicht die vielen, scheinbar unglücklichen Entscheidungen zu treffen, die eher an die Wahl zwischen Pest und Cholera erinnern. Egal, wie wir uns als Führungskraft auch entscheiden – irgend jemandem treten wir sowieso auf die Füße. Christian Lebrenz plädoyiert in seinem neuen Buch für ein besseres Verständnis und einen entspannteren Umgang mit typischen Management-Dilemmas. Er beweist, dass wir beim täglichen Kampf gegen Zwickmühlen in bester Gesellschaft sind und ruhig mehr Gelassenheit entwickeln können. Denn Führen könnte so einfach sein…
Herr Lebrenz, in Ihrem Buch sprechen Sie davon, dass die Tatsache, dass es keine Organisation ohne Dilemmas gibt, im Prinzip die Grundlage für die Position einer Führungskraft ist. Heißt das dann: Mit je mehr Dilemmas ich konfrontiert bin, besser kann ich einfach führen?
Soweit würde ich nicht gehen. Wenn Sie mit sehr vielen Dilemmas konfrontiert sind, ist das eher ein Zeichen dafür, dass es bei Ihnen überwiegend Tätigkeiten gibt, die nicht standardisiert sind, bei denen es keine klaren Handlungsanweisungen gibt. Je größer die Entscheidungsfreiräume, die Sie haben, desto öfter werden Sie zwischen unangenehmen Alternativen wählen müssen.
Wie finde ich als Führungskraft heraus, ob es sich um klassische Dilemmas handelt, mit denen ich mich rumzuschlagen habe oder ob ich nicht doch ein „Fettnäpfchen-König“ bin?
Um ins Fettnäpfchen zu treten, brauche ich gar keine Wahlmöglichkeiten. Im Fettnäpfchen kann ich allein schon durch Unachtsamkeit oder fehlendes Wissen um die Spielregeln einer Organisation oder Gruppe landen. Mit einem Dilemma haben wir es dann zu tun, wenn wir uns zwischen mindestens zwei gleich unangenehmen Alternativen entscheiden müssen und wir auf keine der beiden Alternativen komplett verzichten können. Wenn zwei Ihrer Mitarbeiterinnen gleichzeitig Urlaub nehmen wollen, aber aus Kapazitätsgründen nur eine der beiden gehen kann, müssen Sie entscheiden, wen Sie unzufrieden machen. Und Sie können es sich nicht leisten, langfristig beide zu verärgern. Eine solche Situation ist kein Fettnäpfchen, sondern ein echtes Dilemma.
Was hat Sie selbst dazu bewogen, sich so intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen?
Da kamen zwei Dinge zusammen. Zum einen meine Erfahrung als Führungskraft, wobei ich plötzlich ziemlich unvorbereitet mit ganz vielen Dilemmas konfrontiert wurde. Ich hatte anfänglich das Gefühl, einen schlechten Job zu machen, weil ich ständig vom Dilemmas umgeben war. Irgendwann kam dann die Frage, ob die eigene Unzulänglichkeit wirklich Ursache dieser Dilemmas ist. Später kam dann an der Hochschule die Erkenntnis, dass es zwar viel wissenschaftliche Literatur zu Dilemmas gibt, aber in der Praxis herzlich wenig davon ankommt. Im Unternehmensalltag wird das Thema eher in die Schmuddelecke gestellt und geflissentlich ignoriert. Da Dilemmas zu wichtig sind, um sie unter den Teppich zu kehren, habe ich mich beschlossen, dieses Buch zu schreiben.
Sie geben viele Tipps, um im beruflichen Umfeld mit Dilemmas – zumindest entspannter – umzugehen. Lassen sich diese Maßnahmen denn auch im Privaten erfolgreich anwenden?
Selbstverständlich! Denn die Rahmenbedingungen, die zu Dilemmas führen, haben wir auch im privaten Umfeld. Auch hier müssen wir unterschiedliche Interessen unter einen Hut kriegen, auch hier sind Zeit und Geld knapp, müssen unter Unsicherheit oft weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Dementsprechend lassen sich auch die Lösungsansätze, die ich im Buch vorstelle, auf die Familie und das private Umfeld übertragen.
Noch eine letzte Frage. Sie laden die Leser*innen dazu ein, Ihnen ihr Lieblingsdilemma zu mailen. Diese werden dann auf der Homepage www.dilemma-dilemma.de veröffentlicht. Verraten Sie uns denn auch Ihr Lieblingsdilemma?
Ja, mein Lieblingsdilemma stelle ich im Buch vor. Da ich aber mit der Auflösung bis zum Schluss des Buches warte, möchte ich hier noch nicht zu viel verraten. Es sei nur so viel gesagt, dass das Unternehmen letztendlich eine ganze Menge Geld gespart hat, statt wie befürchtet mehr auszugeben.
Das Dilemma mit den Dilemmas
Warum Zwickmühlen das Leben in Organisationen bestimmen und wie wir besser mit ihnen umgehen können
ISBN 978-3-96186-026-5