Am 8. November ist es soweit. Dann erscheint frisch aus der Druckerei So geht WIRtschaft! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ – ein Sachbuch zur Zukunftskompetenz „Kooperation“. Ulrike Stahl zeigt darin, warum Kooperationen ein zunehmend wichtiger Erfolgsfaktor sind und gibt konkret Anleitung, kooperatives Denken und Handeln umzusetzen. Hier eine erste Annäherung an das Buch in 5 Fragen:
Frage: Regisseurin Waleska Grisebach erzählt in dem preisgekrönten Film „Western“ auch von der Sehnsucht nach einem Leben in einer Gemeinschaft. Während er auf Montage in Bulgarien arbeitet, eröffnet sich für den entwurzelten Ex-Fremdenlegionär Meinhard die Möglichkeit, in eine Familien- und Dorfgemeinschaft aufgenommen zu werden. Doch der „Held“ geht leer aus, am Ende bleibt er außen vor. Warum scheitert er?
Der „Steppenwolf“ Meinhard muss Außenseiter bleiben, weil er der Dorfgemeinschaft zwar achtsam begegnet, es ihm aber nicht gelingt, eine gemeinsame Basis zu schaffen. Welchen Nutzen bietet er? Noch nicht einmal ansatzweise lernt er die Sprache der Dorfbewohner. Er schafft es nicht, auf die anderen wirklich zuzugehen. So gesehen erzählt der Film auch von einem misslungenen Kooperationsversuch. Das Scheitern berührt eine Grundvoraussetzung für gelingende Kooperation: Wertschätzung (das „W“ der WIR-Formel) – die auch darin besteht, sich aufeinander einzulassen und auf Augenhöhe zu begegnen – die kooperative Grundhaltung.
Kooperationen beruhen auf einer zerbrechlichen Balance –so fühlt sich ein Kooperationspartner z. B. schnell benachteiligt, weil für ihn nicht so viel rausspringt wie für die anderen Beteiligten. Wie kann sichergestellt werden, dass eine Kooperation über einen Zeitraum hinweg alle Seite zufriedenstellt?
Nur wenn klar auf dem Tisch liegt, was die Interessen und die Bedürfnisse der Kooperationspartner sind, kann auch ein gemeinsames Ziel gefunden werden, das alle befriedigt. Weil der Weg zum Ziel manchmal lang ist, empfehle ich zusätzlich eine Wertschöpfungskette zu planen. Das heißt nicht nur auf das Endziel hinzuarbeiten, sondern zu definieren, wie bereits auf dem Weg dorthin für jeden immer wieder Nutzen entsteht. So bleibt die Kooperation lohnenswert – auch wenn das Ziel nicht erreicht werden kann.
Premium Cola, Research Gate, Google … einige Unternehmen bzw. Institutionen arbeiten schon länger kooperativ und haben auf dieser Basis beachtliche Erfolge erreicht. Woran liegt es, dass Kooperationsangebote noch immer oft Misstrauen hervorrufen? Wo sehen Sie die Hürden? Welche Ängste werden wach?
Unsere Erziehung und unser Schulsystem beruhen auf dem Wettbewerbsprinzip. Wenn wir nicht der Erste, der Beste sind, haben wir keinen Erfolg, bekommen wir nicht die guten Noten, den begehrten Studienplatz, den Wunscharbeitsplatz. Obwohl in jeder Stellenanzeige Team- oder Kooperationsfähigkeit vorausgesetzt wird, wird im Unternehmen die Einzelleistung bewertet und belohnt. Mit dieser Prägung erscheint es uns schnell suspekt oder sogar lästig, wenn jemand etwas gemeinsam mit uns machen will. Meint der andere uns ausnutzen zu können? Kann ich selbst genug herausholen? Bin ich stärker oder schwächer? Lohnt sich überhaupt der Zeitaufwand? Und dann die ganzen menschlichen Komplikationen. Wenn ich es alleine mache, weiß ich wenigstens, woran ich bin.
Wann und warum haben Sie für sich das Kooperationsprinzip entdeckt – gab es ein Schlüsselerlebnis, das Sie überzeugte? Oder kommen Sie aus einer Familie, in der Gemeinschaft bereits einen hohen Wert hatte? Oder …
Ich komme aus einer Familie mit fünf Kindern … da meint man, ich sollte das im Blut haben. Aber der Wunsch etwas Besonderes zu sein, hat mich eher auf einen Einzelkämpferpfad geschickt. Leistung bringen, war mein Credo. Und dazu haben wir ja schon in der Schule gelernt, dass das nur etwas wert ist, wenn man es allein schafft. Das hat mich sehr jung schon in eine Führungsposition in der Verwaltung gebracht, aber andererseits auch in eine Einbahnstraße geführt. Das wurde mir bewusst, als ich 1999 ein Hilfsprojekt auf einem Kongress der Vereinten Nationen auf Kuba vorstellte. Mich faszinierte der offene, unterstützende und vor allem miteinander-orientierte Umgang der Teilnehmer. Das ließ mich nicht mehr los. Davon wollte ich mehr. Und so verließ ich mein sicheres Beamtendasein und ging nach Mexiko, um bei den Vereinten Nationen, der größten Kooperation weltweit, mehr über Zusammenarbeit zu lernen.
Unser Arbeitsalltag zeigt: Während viele Männer über ein funktionierendes, unaufgeregtes Netzwerk für Fair Share verfügen und davon mächtig profitieren, tun Frauen sich oft noch immer schwer damit, sich bei Problemen oder Fragen an andere zu wenden. Gibt Ihr neues Buch insbesondere Frauen konkret Hilfestellung dabei, sich besser, kooperativ zu organisieren – anstelle einsam auf dem Trial & Error-Pfad Lösungen zu suchen?
Worin Männer besser sind, da gebe ich Ihnen Recht, ist sich innerhalb ihres Netzwerks konsequent Kuchenstückchen zuzuschieben, die sie sich aber individuell erarbeiten. Kooperation heißt mehr, nämlich den Kuchen gemeinsam größer zu machen. Aus meiner Erfahrung fällt es Frauen sogar leichter als Männern, sich mit Problemen und Fragen an andere zu wenden. Deshalb sind sie auch offener für Zusammenarbeit mit anderen. Was sie versäumen, ist gemeinsam den größeren Kuchen anzustreben, indem sie sich lohnenswerte Ziele setzen und dann auch dafür sorgen, dass sie ihren gerechten Anteil davon erhalten. Das Buch zeigt sowohl warum sich das gemeinsam lohnt und wie man sich dafür richtig organisiert.
So geht WIRtschaft!
Kooperativ. Kolaborativ. Kokreativ.
ISBN 978-3-96186-001-2