Ein Aufruf an den guten Ton
Der Gang zum Briefkasten ist in den meisten Fällen wenig euphorisch. Was haben wir auch zu erwarten? Rechnungen, Werbeprospekte, die Fernsehzeitung – im besten Fall noch der neue IKEA-Katalog. Die Zeiten, in denen man sehnsüchtig auf die Antwort des Brieffreunds oder der Tante in Amerika wartete, sind lange vorbei. WhatsApp, Facebook, Twitter & Co. sind schneller als jeder noch so motivierte Postbote. Natürlich geht es schneller, ist günstiger und einfacher. Außerdem möchten wir auch gar nicht so lange auf eine Antwort warten. Schließlich sind wir es gewohnt, auf Anfragen per E-Mail umgehend eine automatische Eingangsbestätigung zu erhalten oder zumindest eine Meldung des Abwesenheitsassistents – insbesondere in der geschäftlichen Korrespondenz.
Privat werden wir schon nach spätestens einer Stunde nervös, wenn eine „dringende“ WhatsApp-Nachricht nicht beantwortet wird – obwohl doch das Häkchen blau ist!
Vor einiger Zeit galt noch die Devise: Ein Brief wird auch mit einem Brief beantwortet. Als Zeichen der Wertschätzung. Schließlich hat sich jemand tatsächlich die Zeit genommen, diesen Brief zu schreiben, die Adresse abzutippen, das Blatt auszudrucken, per Hand zu unterschreiben, zusammenzufalten und in ein Kuvert zu stecken. Für eine E-Mail bedarf es nur weniger Klicks. Im besten Fall reicht ein Mausklick auf „Beantworten“ und schon geht´s los! Die einzige Herausforderung steckt dann nur noch in der korrekte Orthografie. Handelt es sich dann auch noch um vorformulierte Standardantworten, wie es beispielsweise im Kundenservice vieler Firmen der Fall ist, geht es eigentlich nur noch um die korrekte Anrede. Eigentlich.
Aber: Plötzlich wird aus der Frau der Herr, der Name ist falsch geschrieben, der Titel wird aberkannt oder ohne Promotion kommt zur Doktorwürde. Ist es tatsächlich zu viel verlangt, wenigstens richtig angesprochen zu werden, wenn schon kein Aufwand mehr betrieben wird, den Inhalt zu personalisieren? Gleiches gilt für jegliche Werbepost, obwohl wir uns dabei bewusst sind, dass eine Datenbank unsere Daten anhand einer gewissen Suchanfrage ausspuckt und keine reale Person dieses Schreiben an uns adressiert hat. Das heißt, die Bewertung ist eine ganz andere.
Dabei ist es doch so einfach, schließlich lernt man Briefeschreiben schon in der Grundschule. Absender, Adresse, Datum, richtiger Ansprechpartner usw. Allerdings gewinnt man mit den damals erlernten Standardfloskeln heute keinen Blumentopf mehr. Selbst die Briefkultur geht mit der Zeit und abgesehen von den formalen Standards gelten Formulierungs- und Stilvorgaben für gute, geschäftliche Korrespondenz auch für den E-Mail-Verkehr. Der richtige Ansprechpartner ist dabei noch das Mindeste. Was es generell zu beachten gilt, welche Floskeln heutzutage zu vermeiden, wann aber welche Wendungen unerlässlich sind, stellt der Bestseller von Bärbel Wedmann-Tosuner „Geschäftsbriefe geschickt formulieren“ übersichtlich vor.
In der unendlichen E-Mail-Flut, die uns tagtäglich erreicht und die wir selbst produzieren, ist es leicht, unterzugehen. Ein nichtssagender Betreff, ein zum wiederholten Male vergessener Anhang und dann noch ein belangloses Schreiben, dem eine Signaturwüste folgt … bestenfalls bleibt unsere Mail lange als ungelesen markiert, im schlimmsten Fall landen wir im Papierkorb. Und dabei hilft doch häufig ein unscheinbares, kleines Wort, das unseren Ansprechpartner unbewusst zu einer Reaktion auffordert: Danke!
Doch seien wir ehrlich? Würden wir uns nicht gelegentlich über einen echten Brief freuen? Würden wir uns nicht geehrt fühlen, wenn uns der Chef zur 10-Jährigen Betriebszugehörigkeit mit einem echten Brief beglückwünschen würde, statt mit einer unscheinbaren E-Mail? Stellen Sie sich die Überraschung vor, wenn zwischen dem nächsten Kreditangebot und der Stromrechnung ein handgeschriebenes Kuvert liegen würde!
Geschäftsbriefe geschickt formulieren
So überzeugen Sie mit stilsicherer Korrespondenz
ISBN 978-3-96186-011-1