10. Januar 2018 | 5 Fragen an ...

Rhetorik für mehr Erfolg: Autorin Dr. Gudrun Fey im Interview

Gudrun Fey arbeitet seit 1974 erfolgreich als Rednerin und Trainerin für Rhetorik und Kommunikation. Nach ihrer Schauspielausbildung studierte sie Philosophie, Linguistik und Betriebswirtschaftslehre und promovierte über „Das ethische Dilemma der Rhetorik“. Sie arbeitete beim größten US-amerikanischen Seminaranbieter Career Track Inc als Lead Trainer und Speaker. 1997 gründete sie „study & train“, Gesellschaft für Weiterbildung mbH in Stuttgart. Dr. Gudrun Fey hält Vorträge, Rhetorik- und Kommunikationsseminare für Führungskräfte und Mitarbeiter aus Wirtschaft und Verwaltung.

Frau Dr. Fey, die Bundestagswahl ist vorbei und wir hatten ausgiebig Gelegenheit, führende Politiker_innen am Rednerpult oder in Diskussionsrunden zu erleben. Haben Sie so etwas wie aktuelle Rhetorik-Trends festgestellt – ich meine, besonders oft verwendete rhetorische Strategien und wenn ja, welche?

Der Umgangston in der Politik aber auch in der Gesellschaft ist generell rauer geworden. Dazu haben in Deutschland vor allem Politiker der AfD beigetragen. So sagte der Spitzenkandidat der AfD nach der Wahl: „Wir werden Frau Merkel vor uns her jagen.“ Oder: Frauke Petry spricht vom “Lumpenproletariat der afro-arabischen Welt”.  Auch Stammtischparolen finden dank des Internets eine viel höhere Reichweite als früher. Obwohl die USA weit weg sind, macht Präsident Trump es vor, wie weit man es mit einer ungehobelten und primitiven Sprache bringt. Das hat leider für viele Politiker und andere Vorbildcharakter: „Aha, wenn nur entsprechend laut herumpoltert, kann man sogar Präsident der USA werden.“ Ich hoffe, dass die Verrohung der Sprache nur eine vorübergehende Erscheinung ist und sich letztlich Sachlichkeit und Respekt vor anderen als die bessere Strategie durchsetzt. Dazu werde ich nach Kräften beitragen.


Seit Jahren brechen Sie eine Lanze für diejenigen, die im Job tolle Arbeit leisten, sich aber einfach nicht gut präsentieren und deshalb bei neuen spannenden Projekten, Beförderung & Co. regelmäßig übersehen werden. In der Berliner Zeitung haben Sie mal ein interessantes Seite 3-Interview gegeben mit dem schönen Titel „Der eine schwitzt, der andere schwätzt“. Hat sich hieran inzwischen etwas geändert oder bleibt es dabei: Reden macht Leute?

Es stimmt, wer überzeugend auftreten und gut reden kann, hat erstmal in vielen Situationen die Nase vorn. Deshalb lohnt es sich in den Ausbau seiner rhetorischen Fähigkeiten zu investieren. Die gute Nachricht ist, jeder verfügt über sie. Das kann ich nach 40jähriger Berufserfahrung mit über 50.000 Teilnehmern in Rhetorikseminaren bestätigen. Nur lassen manche dieses Talent verkümmern und andere entwickeln es zur persönlichen Stärke. Oft fehlt es nur am Selbstvertrauen und dem entsprechenden Know How. Gerade letzteres kann man sich sehr gut durch entsprechende Bücher aneignen.


Es ist Donnerstagvormittag, das vierteljährliche Marketingmeeting geht gleich los. Man ist vorbereitet, hat gute Ideen für eine sinnvolle Änderung des Produktdesigns und hofft, das Marketingteam wird dem Vorschlag zustimmen. Reicht es, sich bei solchen Gelegenheiten nur inhaltlich vorzubereiten? Welche Register kann man noch ziehen, um die anderen zu überzeugen?

Die inhaltliche Vorbereitung allein genügt nicht. Es ist sinnvoll, sich das, was man sagen möchte, stichwortartig zu notieren und dann vorher so oft laut zu üben, bis man sich bei den Formulierungen sicher fühlt. Gut ist es außerdem, wenn man es dann noch einem Kollegen oder einer Kollegin vorträgt. Findet diese Person Ihren Beitrag gut, hat man dann das nötige Selbstvertrauen, sein Anliegen auch einem größeren Gremium vorzustellen. Trotzdem ist noch besser, schon vorher im Kollegenkreis nach Personen zu schauen, die das Anliegen unterstützen, damit man mit seinem Vorschlag nicht allein dasteht. Am besten ist es, wenn man auch seine Führungskraft einweiht und  sie um Unterstützung bittet. Wenn das alles klappt, hat man gute Chancen, mit seinem Vorschlag durchzukommen.


Gekonnt streiten – das haben nicht alle drauf. Dabei hinterlässt man damit durchaus einen Eindruck und signalisiert klar: Ich lass mich nicht unterbuttern! Lässt sich das irgendwie lernen, trainieren? Oder ist das eine per Geburt erhaltene Gabe?

Nun gerade jetzt nach der Bundestagswahl hat man auf jeden Fall genügend Themen, über die sich herrlich streiten lässt. Je häufiger man seine Positionen vertritt, desto besser kann man auf eventuelle Gegenargumente reagieren, da man sie schon kennt und weiß, was man dagegen sagen kann. Hier sollte man sich anfangs auf ein Thema konzentrieren, das einen interessiert, z.B. Flüchtlingspolitik. Sich durch viel darüber lesen, schlau machen und sich dann Gesprächspartner suchen, die eine andere Meinung vertreten, denn Diskutieren lernt man nur durch Diskutieren.


Was heute noch neu ist, hat sich übermorgen erledigt. In einer Welt, die sich immer schneller dreht, kommt es darauf an, Änderungen zur erkennen und aufzunehmen. Das Netzwerken bietet hier tolle Hilfestellung. Was war Ihr persönlich überraschendstes Netzwerkerlebnis?

Wenn mich jemand nach einem Rezept für den beruflichen Erfolg fragt, so antworte ich, dass man sich natürlich berufliche Ziele setzen sollte, trotzdem jedoch offen sein für Chancen, die sich einem manchmal auch in einem Netzwerk eröffnen. So wandte sich in den 90iger Jahren der damals größte amerikanische Seminaranbieter, der den deutschen Markt erobern wollten, an ein berufliches Netzwerk, um dafür qualifizierte Trainer zu gewinnen. Wenn ich in diesem Netzwerk nicht Mitglied gewesen wäre, hätte ich davon nie erfahren. Ich meldete mich trotz meiner nicht so guten Englischkenntnisse und wurde engagiert.


Überzeugen So Gehts! Überzeugen? So geht´s!
Alles, was Sie über kluges Argumentieren wissen müssen
ISBN 978-3-96186-005-0

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