In den ersten ein, zwei Wochen im neuen Jahr vergeht kaum ein Gespräch ohne die obligatorischen Wünsche für ein „erfolgreiches neues Jahr“. Was aber ist Erfolg? Ein besseres Gehalt? Ein Aufstieg auf der Karriereleiter? Vielleicht eine kürzere Anfahrt zur Arbeit, eine bessere Zusammenarbeit im Team oder mehr Freizeit? Die Liste der beruflichen Wünsche ließe sich beliebig verlängern, beispielsweise mit einer besseren Führungskraft als Chef, mehr Gestaltungsspielraum oder Beteiligung an wichtigen Entscheidungen. Beruflicher Erfolg lässt sich nur schwer messen. Unser Autor Vincent Zeylmans berichtet aus der Praxis.
Verschiedene Lebensbereiche beeinflussen einander
Da die verschiedenen Lebensbereiche stets ineinandergreifen, wünscht sich manch einer vielleicht eine bessere Gesundheit, eine Klärung der Beziehung zu den Kindern oder eine Deeskalation von Streitigkeiten mit dem näheren Umfeld, damit die persönliche Energie wieder voll in den beruflichen Erfolg investiert werden kann.
Erfolg hat unterschiedliche Gesichter. Ich erzähle Ihnen drei kurze Geschichten von meinen Klienten, die aus meiner Sicht im Jahr 2018 erfolgreich waren. Möglicherweise inspirieren Sie die Entscheidungen dieser Personen.
Erfolgsgeschichte 1:
Petra, 26 Jahre
Petras Vater ist seit Jahrzehnten angestellter Geschäftsführer einer Baustoffgruppe. Als Kind bekommt Petra die enge Beziehung zwischen ihrem Vater und der Eigentümerfamilie mit. Sie ist „auserkoren“, ihrem Vater eines Tages zu folgen. Dieser Tag ist vielleicht nicht mehr weit weg, denn ihr Vater feiert in diesem Jahr seinen 63. Geburtstag. Es herrscht aber noch keine Klarheit. Petra wird nichts geschenkt. Ihre Berufung muss sie sich verdienen.
Um mal was anderes zu sehen, ging sie nach Dublin in Irland und arbeitete im Vertrieb eines Software-Unternehmens. Dort sollte sie Kundenorientierung lernen. Auf Arbeit, so erzählte sie es ihrem entsetzten Vater und mir, hatte sie eine Hängematte, jeden Tag frische Säfte, einen Masseur, der wöchentlich kam, eine Mitgliedschaft im Fitness-Center sowie flexible Arbeitszeiten und ein tolles Team von jungen Leuten. Nach einem Jahr hätte sie Teamleiterin werden und überdurchschnittlich gut verdienen können.
Beruflicher Erfolg = langfristige Perspektive?
Petra fühlt sich aber berufen, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und die Chance wahrzunehmen, welche die Inhaberfamilie ihr bietet. Dazu ist zunächst noch eine Station in einem anderen Baustoffunternehmen fällig. Sie sieht eine Anzeige als Assistent des Geschäftsführers einer nicht konkurrierenden Gruppe, die in einer anderen Region der Bundesrepublik tätig ist.
Petra fängt hier Anfang 2019 an. Beruflicher Erfolg ist für sie nicht, das meiste Geld zu verdienen oder den größten Spaß zu haben. Sie fühlt sich familiären Werten und Chancen verpflichtet. Ihre Perspektive ist langfristig. Dafür verzichtet sie darauf, den kurz- und mittelfristig einfacheren und lukrativeren Weg zu gehen. Ihre Entscheidung fällt ihr nicht leicht, kommt aber ohne Druck zustande. Petra weiß nicht, ob sie die Kündigung in Dublin jemals bereuen wird.
Erfolgsgeschichte 2 :
Torben, 40 Jahre
Torben ist ein alter Hase in der Versicherungswirtschaft. Er hat verschiedene Stationen durchlaufen. Bei seinem letzten Arbeitgeber haben ihm die Unternehmenswerte zugesagt. Er dachte, die wären nicht nur auf Papier geschrieben, sondern würden auch gelebt. Von der Realität war er sehr enttäuscht. Gerade von seinem Chef hatte er viel erwartet – und von ihm erhielt er die Kündigung.
Torben war dennoch guter Dinge. Ein Profi. Im besten Alter. Nicht zu teuer. Dazu der Fachkräftemangel. Er war dann überrascht, wie zäh sich der Bewerbungsprozess gestaltete. Ausgerechnet im Dezember erhielt er in einer Woche fünf Einladungen zum Jobinterview. Jeden Tag eins. Nun war er sich sicher, dass er den Erfolg in der Tasche hatte. Doch am Ende der Woche sah seine Bilanz ernüchternd aus: Zwei Absagen, zwei Arbeitgeber passten überhaupt nicht. Blieb eine Option übrig.
Steht beruflicher Erfolg über allem?
In der Selbstreflexion stellte Torben fest, dass er sich mit dem Produkt des übrig gebliebenen Arbeitgebers nicht identifizierte. Auch war hier Aufbauarbeit gefordert, die er in dem Maße eigentlich nicht nochmals erbringen wollte. Gleichzeitig war das Angebot attraktiv: Das Ende der Bewerbungsphase. Man kann es doch einfach mal probieren. Wenn es nicht passt, ist eine Kündigung immer möglich.
Torben nahm jedoch einen Perspektivwechsel vor. Er wusste, dass es auch eine Nummer zwei und drei auf der Bewerberliste gab, die eine Absage erhalten würden, wenn er zusagte. Er hat lange nachgedacht und sich dazu entschieden, die Chance nicht wahrzunehmen. Seine Integrität stand ihm im Weg. Dummheit? Er betrachtet seine Entscheidung, die ihn seine Jobsuche 2019 fortsetzen lässt, als Erfolg.
Erfolgsgeschichte 3:
Joachim, 57 Jahre
Joachim hat als Ingenieur und Vertriebsleiter für unterschiedliche Konzerne gearbeitet. Nach der Kündigung beim letzten Arbeitgeber war er verhalten optimistisch, was die Jobaussichten anging. Er wusste, dass sich Unternehmen gerade schwer tun, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Doch ihm war auch bewusst, dass sein Alter eine Rolle spielen würde.
Er entschied sich dagegen, sich auf alles zu bewerben, was ihm „über den Weg lief“. Keine Copy-and-paste-Anschreiben an jeden beliebigen potenziellen Arbeitgeber. Er wollte nicht mit anderen Kandidaten im Wettbewerb stehen, indem er sich auf ausgeschriebene Stellen bewarb. Den Markt recherchierte er sorgfältig und sendete – mit Herzblut – Initiativbewerbungen an Firmen, die er für passend hielt. Und wurde enttäuscht.
Beruflicher Erfolg durch Fleiß und Zufall
Sein Erfolg: Er gab nicht auf. Er hat an seiner Überzeugung festgehalten, dass es irgendwann funktionieren würde. Nun kommt der Zufall ins Spiel – der aber durch Fleiß herbeigerufen werden kann. Ein Unternehmen in chinesischer Hand sucht einen Vertriebler, der einen Konzern betreut, für den Joachim in der Vergangenheit gearbeitet hat. Joachim kennt die Strukturen und die Kultur. Er wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen …
Was ist mit Ihrem beruflichen Erfolg?
Wie sieht nun Ihre Erfolgsvorstellung für das nächste Jahr aus? Sei es mehr Verantwortung zu übernehmen, weniger Stress zu haben oder einfach gute Entscheidungen für sich zu treffen: Ich wünsche Ihnen für Ihr Vorhaben gutes Gelingen!
Haben Sie Fragen? Setzen Sie sich gern mit Autor Vincent Zeylmans unter info@zeylmans.de in Verbindung.
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So geht Bewerben: Tipps vom Karriere-Coach
Der Experte in Sachen Bewerbung Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven gibt Einsteigern, erfahrenen Arbeitnehmern und Quereinsteigern Tipps zum richtigen Verhalten im Bewerbungsgespräch, zum verdeckten Arbeitsmarkt und vielen weiteren spannenden Fragen rund um Bewerbung und Karriere.
Über den Autor
Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven, Experte in Sachen Bewerbung, gibt Einsteigern, erfahrenen Arbeitnehmern und Quereinsteigern Tipps zum richtigen Verhalten im Bewerbungsgespräch, zum verdeckten Arbeitsmarkt und vielen weiteren spannenden Fragen rund um Bewerbung und Karriere. Als SZ-Jobcoach schreibt er regelmäßig für die Süddeutsche Zeitung.Jeden Monat zeigt er innovative und teils kuriose Ansichten und Herangehensweisen an Probleme, die garantiert jeder Bewerber in seinem Leben einmal erlebt hat – vom Bewerbungsprozess bis hin zum heiß ersehnten Gespräch, vom Berufseinstieg bis zum beruflichen Neuanfang.
Vincent G.A. Zeylmans van Emmichoven blickt auf eine internationale Karriere als Geschäftsführer mehrerer mittelständischer Unternehmen und Konzerne (u.a. Yves Rocher und Gillette) zurück. Der Karriere-Coach hält als Gastdozent am MCI Management Center Innsbruck Vorträge zum Thema Job-Hunting, verfasst Beiträge für das Magazin FOCUS und ist Kolumnist bei der Süddeutschen Zeitung.